Montag, 7. Oktober 2013

Engerling -Nachtrag

Engerling - kleine Presseschau

  Engerling - Torgau - Kulturbastion - Tommy Simpson - 12.01.2008 

http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Blues-made-in-GDR-1872879474 

 

1975 in Berlin-Ost von dem Sänger, Keyborder und Mundharmonikaspieler Wolfram Boddi Bodag als Amateurband namens Engerling Blues Band gegründet, mischte sie von Anfang an Elemente des Blues mit denen von Rock und Soul und schuf so ihren eigenen Stil.

Neben Monokel, Stefan Diestelmann oder dem Erfurter Jürgen Kerth wurde sie zu einem festen Bestandteil der DDR-Bluesszene und auch bald eine professionelle Gruppe. Wolfram Bodag und der Gitarrist Heiner Witte absolvierten eine Ausbildung an der Musikschule in Berlin-Friedrichshain, alles anderen Bandmitglieder, die Besetzung wechselte mehrfach im Laufe der Jahre, waren Autodidakten.

 

 

„Er ist nicht mein Präsident“

Die Achse der Guten: Mitch Ryder aus Michigan und Boddi Bodag aus Ostberlin Von Chr. Dieckmann
Eines Tages tropfte es aus Bodags Zimmerdecke. Die Wohnung über ihm im vierten Stock stand leer. Er friemelte die Tür auf und betrat eine böse Bude: kaputte Fenster, Regenwasser, Müll und tote Katzen. Bürger Bodag meldete die Zustände der Ostberliner Wohnungsverwaltung und verreiste. Die Behörde befahl Räumung und entsandte die Brigade Gründemann. Der Brigadier, dem auch der Keller Stockwerk war, zählte souverän bis vier, knackte Bodags Wohnung und räumte wie geheißen. Bodags Habe, auch die Plattensammlung, flog auf einen Hänger, aus dem sich alsbald die Nachbarschaft bediente. Ja, an Bluesthemen litt die DDR nicht Mangel.
Verantwortungsträger vom Schlage Gründemann vertilgte die Marktwirtschaft. Man kann ja an der Wende mancherlei bemäkeln, aber Bodag ist ein wandelndes Exempel, dass die wirklich guten Ossis in den Himmel kommen, jedenfalls von Zeit zu Zeit. Wolfram Bodag, ostweit als Boddi populär, Chef der Berliner Band Engerling, war ein Prototyp der DDR-Rockszene: Alltagspoet, Keyboarder von Graden und singender Verwandler von Aggression in Melancholie. Obwohl ihm die Polizei 1986 die Hände brach, wollte er nie Staatsstürzer werden, lieber Radrennfahrer.
Als Boddi, in bewährter Trockenheit, mir 1988 die Gründemann-Story erzählte, lief im Hintergrund eine seiner Lieblingsplatten: How I Spent My Vacation von Mitch Ryder. Bodag verehrte das Detroiter Nebelhorn wie einen der vier Evangelisten; die anderen hießen vermutlich Bob Dylan, Randy Newman und Van Morrison. Eben war Ryder, unfassbar, im Palast der Republik aufgetreten und hatte diesen Kreml der sozialistischen Freizeitgestaltung mit seinen todeskundigen Hymnen kontaminiert (nachzuhören auf dem gloriosen Live-Album Red Blood White Mink). Unvergessliches Finale: Ryder, Soul Kitchen gurgelnd im fahlen Licht der Angst, wandelt sich zum Erlöser. „In the end I’ll be your friend“, sang er, wie schwebend, „ smile again, smile again (…) when the bombs stop fallin’ on Berlin“.
Im Herbst 1989, kurz vor der Revolution, durfte Bodags Band erstmals nach Westen. Verblüfft hörte in Hamburg Ryders deutscher Booking-Agent Karsten Schölermann, wie die Ossis Ryder-Songs spielten. Er machte Kontakt, und anfangs der Neunziger avancierte Engerling zu Ryders europäischer Band. Transatlantische Differenzen sind beiden Seiten nicht erinnerlich, allerdings bestaunte Ryder die Übungsdisziplin der Deutschen und dass die Engerlinge auf der Probe Noten malten. Dann action: Ryders Jericho-Organ trompetete den Urschrei aus Freezin’ In Hell. Bodag kippte hinterrücks vom Keyboard und schlug sich den Schädel auf.
Seit Ryder und Engerling gemeinsame Sache machen, fabrizierten sie ein Studio-Album (Rite of Passage, 1994), ein Konzert-Video und etliche Tourneen. Die des Vorjahrs dokumentiert trefflich die eben erschienene Live-CD The Old Man Springs A Boner (BuschFunk 00852, BuschFunk, Rodenbergstraße 8, 10439 Berlin, Tel. 030/44651100). Der Geist kehrt zurück, pantert über die Bühne, hält das Mikrofon mit den Fingerspitzen und raucht seine Guttural-Erotik aus, dass es dich überläuft: „I claim to fly with the master of love…“ Ryders größtes Talent ist Dynamik, die Stille hinter dem Schrei. So würde Jim Morrison mit 57 klingen. Bodag beorgelt die blauschwarze Messe, Manne Pokrandt basst fett, die Slide-Gitarristen Heiner Witte und Robert Gillespie halten Ryders schwere Lok unter Dampf und auf doppeltem Gleis. Wie betäubt ballt sich das Volk im heißen Qualm. Dann ist es vorüber. Licht flackert auf. Die Menge taumelt hinaus. Das erste Bier. Noch hält der Bann. Da drängelt sich ein Tempelschänder an den Berliner Tresen und offenbart seinem Kumpel: Ick war jrade mit Mitch pinkeln. – Und? – Is och alt jeworden.
Mitch Ryder führt ein Doppelleben. In den USA zehrt er vom Sixties-Ruhm seiner Detroit Wheels. Dort, sagt er, verlange man ewig seine alten Heuler Jenny Take a Ride und Devil With a Blue Dress On. Seine reife, die europäische Karriere begann in der Rockpalast- Fernsehnacht vom 7. Oktober 1979. Seither hat Ryder hierzulande ein treues Publikum für sein erwachsenes Werk, das daheim kaum einer kennt – War und Ain’t Nobody White und Red Scar Eyes und Er ist nicht mein Präsident, ursprünglich Ronald Reagan zugedacht.
Ryder ist durchaus ein politischer Kopf. Er registriert die deutschen Dinge, vernimmt westliche Erbitterung über den Dauerzehrgast Osten, bekundet Sympathie für östliche Schwimmversuche in westlichen Wassern. Letztlich, meint er, müssten sich die Leute sagen: Wir sind alle Deutsche, lasst uns einander helfen. Dorthin zu gelangen, habe es in den USA leider eine Katastrophe gebraucht.
Mitch, letztes Jahr hast du hier über den 11.September gesprochen, über Demut und Bescheidenheit. – Die fällt uns Supermacht-Amerikanern schwer, sagt Ryder. Wir wissen ja kaum was über die Welt draußen, nur dass angeblich alle werden wollen wie wir. Warum sollten wir uns dann ändern?
Bekommt Er ist nicht mein Präsident jetzt eine neue Widmung? – Ich sehe bei George W. Bush und seinen Militärs dieselbe Kolonial-Arroganz wie bei den Briten, als die ihr Weltreich bauten, sagt Ryder. Dieses: Niemand kann uns stoppen, wir kriegen, was wir wollen. Oh, zum Schein gehen wir über die UN.
Kann irgendwas den Golfkrieg verhindern? – Nein. Nur Bushs Leute. Seine Wähler. Bloß sagen die meisten Amerikaner: Wenn’s mir und meiner Familie nicht wehtut, wenn ich meinen Job behalte, schert mich nicht, was die Regierung tut. Da wird Macht missbraucht. Im Namen von homeland security werden Verfassungsrechte kassiert. Wir zerstören damit, was wir zu schützen vorgeben. Es ist hier zurzeit sehr ungemütlich.
So sprach Mitch Ryder aus Michigan, am 12.Januar 2003. Ein Hard Rain- Interview: Mitch telefonierte unter der Dusche. Derzeit sind Ryder & Engerling wieder in Deutschland unterwegs. Durch 27 Städte rollen sie und spielen ihre klassische Musik so rau und schön und schluchtentief, wie sie gemeint war, als alles begann.


„Alleinsein der Sterbenden“ vertont

Eberswalde (MOZ) Um das „Alleinsein der Sterbenden“ ging es dem polnischen Dichter, als er 1943 in Warschau sein Gedicht „Campo de Fiori“ schrieb. Um Menschen, denen an der Schwelle zum Tod die Sprache fremd geworden ist. Milosz verknüpft darin die Geschehnisse im Warschauer Ghetto mit dem Schicksal des Philosophen Giordano Bruno, der im Jahr 1600 an der Schwelle zur Neuzeit als letzter großer Denker auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde – auf dem Campo de Fiori in Rom. Rom und Warschau sind dem Dichter gleichermaßen Orte, an denen banales Alltagsleben und das Unfassbare nebeneinander stattfindet, und an denen Sprache versagt.
Eine Wellenlänge: Steffen „Schortie“ Scheumann und Wolfram „Boddy“ Bodag proben für ihre Bearbeitung des Gedichtes „Campo de Fiori“. © MOZ/Boris Kruse
Wie lässt sich dieser Gestus, den Milosz in einfache Worte kleidet, musikalisch heraufbeschwören? Steffen Scheuman und Wolfram Bodag sehen sich vor die schwierige Aufgabe gestellt, das Schweigen zu vertonen. In Scheumanns Altbauwohnung proben die beiden mit Trompete und Klavier, tasten sich improvisierend an den sensiblen Text heran. Als Instrumentalisten verstehen sie sich wie blind.
Dabei wurde die Kooperation aus der Not heraus geboren. Wolfram Bodag ist kurzfristig als Ersatz für den verhinderten Cellisten Sonny Thet von der Gruppe Bayon eingesprungen. „Schortie“ und „Boddy“, wie die beiden meist nur genannt werden, kannten sich schon von früheren Kooperationen, bei denen die Chemie stimmte; so haben die beiden zusammen schon Kinder-Hörspiele eingespielt.
Statt Cello gibt es jetzt also ein Klavier. Der instrumentelle Wechsel bekümmert die beiden jedoch nicht weiter. Warum auch? „Ich improvisiere hauptsächlich und spiele nach Gefühl“, sagt Bodag. Um sich an festgefügte Vorgaben und starr ausnotierte Kompositionen zu halten, dafür sind Scheumann und Bodag ohnehin nicht die richtigen Charaktere. Der eine überzeugt in Film („Sonnenallee“, „Polizeiruf 110“) und Theater („Herr Puntila und sein Knecht Matti“) durch Witz und Charisma. Der andere tourt mit Engerling seit Mitte der 70er-Jahre durch die Lande und wird dabei immer wieder von der Detroiter Blues-Legende Mitch Ryder als Begleitmusiker engagiert. In Sachen Gedichtvertonung ist Bodag zudem nicht ganz unbeleckt. Otto Ernsts Ballade „Nis Randers“ über die Rettung eines Schiffbrüchigen hat er in den 80er-Jahren über „Riders in the Storm“ von den Doors gelegt.
Mit ihrer aktuellen Kooperation musste Bodag sich allerdings weit von seinen musikalischen Wurzeln entfernen. „Du kannst alles spielen, außer Rhythm`n Blues“, hat Scheumann ihm als Parole ausgegeben. Der Eberswalder Schauspieler sieht das Projekt eher in der traditionellen Volksmusik verwurzelt.


Engerling findet die richtigen Töne

Schöneiche (MOZ) Die Konzerte von Engerling in der Kulturgießerei (Kugi) in Schöneiche haben schon Tradition. Am Samstagabend war es wieder so weit: Die Band spielte ihren typischen Mix aus Blues und Rock und sorgte für eine ausgelassene Stimmung. Während des Konzertes hielt es im Zuschauerraum kaum jemanden auf seinem Platz. Der Saal der Kugi verwandelt sich rasch in eine große Tanzfläche. "Das ist einfach tolle Musik, die einen mitreißt", schwärmte der Schöneicher Ronald Domsch. Mehr als zwei Stunden spielte Engerling alte und neue Eigenkompositionen und Interpretationen von Rockklassikern. Zuvor hatte die Band "The White Dukes" das Publikum auf den Abend eingestimmt.
  Engerling in der Kulturgießerei: Wolfram Bodag, Heiner Witte, Manne Pokrandt und Hannes Schulze (v.l.) © Pauline Brosch
Vor zwei Jahren feierte die Gruppe um Keyboarder und Sänger Wolfram Bodag ihr 35jähriges Jubiläum.Viele im Publikum kennen die Band schon seit langer Zeit. "Ich war bereits zu Ost-Zeiten auf Konzerten von Engerling", erzählt Corina Betke. "Mit der Musik verbinde ich viele tolle Erinnerungen." Auch Kerstin Ruppert war schon in den 80er-Jahren auf Engerling Konzerten. "Die Band ist ihrem Stil immer treu geblieben. Die Konzerte sind genauso gut wie vor 20 Jahren."
Neben den zahlreichen alteingesessenen Fans waren auch viele im Publikum, die das erste Mal zu einem Engerling Konzert kamen. "Ich hab so viel Lob über die Band und ihre Konzert in der Kugi gehört, da wollte ich mir das Ganze auch mal selbst anschauen", sagte Peter Grabow.
In den vergangenen 10 Jahren hat Engerling über 15 Konzerte in der Kugi gespielt. "Die Konzerte in Schöneiche sind immer etwas Besonderes", erklärte Gert Leiser, Manager der Band. Nicht ohne Grund spielt Engerling das Abschlusskonzert ihrer alljährlichen Tour seit Jahren in der Kugi. Der nächste Termin steht auch schon fest: Am 17. März 2013 wird die Band gemeinsam mit Mitch Ryder auf der Bühne der Kugi stehen.


DDR-Bluesgrößen auf der Bühne

Haselberg (moz) Dass es die Scheunenparty am Vorabend zu Himmelfahrt in Haselberg gibt, ist Barbara Leue zu verdanken. Die heute 83-Jährige hatte vor 15 Jahren die Idee, die von ihrem Sohn Burkhard (57) und seinem verstorbenen Freund Bernhard Regenberg vorgeschlagene Party mit einem Auftritt der Gruppe Engerling nicht auf dem Hof der Leues, sondern in der großen Scheune stattfinden zu lassen. Und dort findet sie am 12. Mai nun schon zum 15. Mal statt. Nur eins von drei Jubiläen, das an diesem Abend gefeiert werden soll.
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Burkhard Leue ist die Anspannung anzumerken. Aus der riesigen Scheune auf seinem Grundstück in der Haselberger Hauptstraße 13/15 müssen wie jedes Jahr Baumaschinen und andere Gerätschaften geräumt werden. Zudem laufen die wöchentlichen Proben. So kurz vor der Veranstaltung gebe es immer jede Menge zu tun. „Mir geht es wohl erst wieder besser, wenn wir unseren Auftritt geschafft haben und von der Bühne gehen können“, sagt der Organisator der Party und Gitarrist der Band TEAM. Die gibt es seit zehn Jahren. Am Mittwoch treten die Männer, die im Berufsleben beispielsweise als Arzt praktizieren oder als Vermessungsingenieur tätig sind, als Vorband der bekannten Blues-Band „Engerling“ auf. Und die feiert in diesem Jahr ihr 35-jähriges Bühnenjubiläum. Wenn das nicht drei gute Gründe sind zum Feiern.
Dazu werden die Freunde der Scheunenparty Gelegenheit bekommen. Ab 19 Uhr ist Einlass. Bis zum Auftritt von TEAM gegen 21 Uhr wird gewiss keine Langeweile aufkommen. Denn viele der Gäste kommen schon seit Jahren, wegen der Musik, der Atmosphäre und weil sie in Haselberg Freunde treffen, die sie schon lange nicht mehr gesehen haben. Burkhard Leue rechnet mit 300 Besuchern. Parkplätze stehen ausreichend vor dem Grundstück zur Verfügung. Ein Wriezener Unternehmen hat die Grünflächen noch einmal gemäht. Für die wenigen, die auf dem Grundstück von Leues übernachten, gibt es am nächsten Morgen belegte Brötchen und starken Kaffee. Den brauchen sie auch. Denn in der Regel geht die Party bis in die Morgenstunden.
Bis auf eine Ausnahme stand auch immer „Engerling“ auf der rustikalen Scheunen-Bühne. Das hat seinen Grund. Heimatverbundenheit könnte man sagen. Denn Wolfram Boddi Bodag ist am 3. Mai 1950 in Bad Freienwalde geboren und besuchte das hiesige Gymnasium – so wie Burkhard Leue. „Ich war in der 9. und er in der 12. Klasse“, erinnert sich der Haselberger und erzählt, dass Boddi ja leidenschaftlicher Radfahrer sei und früher seine Tour über Haselberg genommen habe. „Und vor unserem Grundstück hielt er immer an. Dort befand sich eine Milchrampe. Da haben wir zusammen mit einem Alpinist-Radio Rockmusik gehört“, kramt Leue weiter in den Erinnerungen. Bodag habe dann am Gymnasium die Band TEAM 67 gegründet und 1975 in Berlin die Engerling Blues Band.


Rockige Zeitreise

Haselberg (moz) Die Scheunenparty von Burkhard Leue in Haselberg zieht seit Jahren Bluesrock-Fans aus der gesamten Umgebung an. Auch aus Berlin fanden am 1. Juni viele ehemalige „Auswanderer“ den Weg zurück in die Heimat. Um vertrauten Klängen zu lauschen und mit alten Freunden in Erinnerungen zu schwelgen.

Fotostrecke

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© MOZ/Oliver Voigt
Für Peter Haseloff gibt es zwei Pflichttermine im Jahr: Das Engerling-Konzert bei der Scheunenparty in Haselberg und das Altstadtfest in Bad Freienwalde. Denn bereits bei den ersten Engerling-Auftritten war der 46-Jährige dabei. „Die Musik und die Leute sind wichtig an so einem Abend“, sagte der gebürtige Bad Freienwalder, der bereits seit langem mit seiner Familie in Berlin lebt.
Doch den 1. Juni habe er sich abends frei gehalten, um in die alte Heimat zurückzukommen und seine Freunde zu treffen. „Und um Thomas Müller, den weltbesten Geigenspieler, zu sehen“, sagt Haseloff. Der hatte dann auch mit seinem fulminanten Geigensolo beim legendären City-Song „Am Fenster“ das Publikum auf seiner Seite. Als Gastmitglied der lokalen Band Team brachte er das Publikum in Stimmung. „Mit 20 Leuten hat die Scheunenparty vor vielen Jahren angefangen“, erinnert sich Peter Haseloff. Am Mittwochabend waren es mehr als 250, die den Weg nach Haselberg – auf dem Motorrad, mit dem Auto oder per Shuttlebus – aus der näheren und ferneren Umgebung antraten.
Auch Anette Schönknecht kam nach Haselberg. „Um Leute zu treffen, mit denen ich schon mit 20 in der Disko war“, lacht die Schiffmühlerin. „Engerling gehörte einfach zu unserer Jugend dazu. Ich hatte damals einen Freund, der auf die Band stand.“ So feierte die 49-Jährige bis spät in die Nacht mit ihren Freunden und genoss die rustikale Stimmung in der Scheune.
Dort gaben die vier Mitglieder von Engerling ihre kraftvollen Songs zum besten und rissen ihr Publikum mit. Vor allem aber vereinten sie an diesem Abend Menschen, die schon ihre Jugend miteinander geteilt haben und die nun regelmäßig wieder in ihre alte Heimat kommen, um in musikalischen Erinnerungen zu schwelgen.
Die Bluesrock-Band um Pianist und Songwriter Wolfram Bodag, der in der Kurstadt geboren wurde, ist demnächst auch auf dem Klosterplatz am Franziskaner Kloster in Angermünde zu erleben. Bodag hatte noch am Freienwalder Gymnasium die Band TEAM 67 gegründet und 1975 dann in Berlin die Engerling Blues Band. Seither spielen er und seine Musikerkollegen regelmäßig in Haselberg. So sicherlich auch im nächsten Jahr.

Happy Birthday, ENGERLING


Spricht man von Blues made in GDR, so wird man an einer Band nicht vorbeikommen, die in diesem Jahr ihr 35-jähriges Bühnenjubiläum feiert – Engerling.1975 in Berlin-Ost als Amateurband von dem Sänger, Keyborder und Mundharmonikaspieler Wolfram Boddi Bodag als Amateurband namens Engerling Blues Band gegründet, mischte sie von Anfang an Elemente des Blues mit denen von Rock und Soul und schuf so ihren eigenen Stil.
Neben Monokel, Stefan Diestelmann oder dem Erfurter Jürgen Kerth wurde sie zu einem festen Bestandteil der DDR-Bluesszene und auch bald eine professionelle Gruppe. Wolfram Bodag und der Gitarrist Heiner Witte absolvierten eine Ausbildung an der Musikschule in Berlin-Friedrichshain, alles anderen Bandmitglieder, die Besetzung wechselte mehrfach im Laufe der Jahre, waren Autodidakten.
Nach 1990 wurde die Gruppe auch international bekannt, weil die amerikanische Rocklegende Mitch Ryder auf sie aufmerksam wurde und sie schließlich für Europatourneen als Begleitband engagierte. So traten sie seit 2004 zusammen nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz, Österreich, Belgien, Frankreich und Spanien auf und spielten mehrere CD-s zusammen ein. Ryders Song Aint nobody white can sing the blues gehört seit Jahren zum festen Programm der „Engerlinge“.
Ein weiterer Titel, der auf keinem Konzert fehlen darf, ist Mama Wilson, der sich mit dem Tod des amerikanischen Bluesmusikers Alan Wilson beschäftigt, der 1970 ums Leben kam.
Am Samstagabend nun stand Engerling auf der Bühne des Kesselhauses in der Berliner Kulturbrauerei, zusammen mit vielen Gästen. Es war ein geiles Konzert, es bot alles, was Engerling-Fans das Herz höher schlagen lässt. Als Opener begannen sie mit Moll´s Party, einem ihrer Klassiker. Es folgte das die 1989 – er Ereignisse reflektierende Herbstlied, rockig, bissig und mit der unverwechselbaren Stimme von Wolfram Bodag. Boddi war wie immer der Chef auf der Bühne, er dirigierte seine Musiker, gab gewohnt souverän die Kommandos, stellte die Gäste vor und plauderte ein wenig, erzählte Anekdoten und kleine Geschichten.
Ja, Gäste hatten die Engerlinge einige eingeladen. Zwischenzeitlich hieß die Band ja mal „Engerling Salon Orchester“, weil sie einen Geiger in ihren Reihen hatte. So wurden sie in DDR Nobelhotels eingeladen, weil die dort Verantwortlichen von Salonmusik ausgingen. Es legte sich schnell wieder, Engerling gehörte vor Fans mit Kutte und langen Haaren, mit der Bierflasche in der Hand, bis heute. Geigus jedenfalls lebt heute als Zahnarzt in Südafrika und ließ es sich nicht nehmen, beim Berliner Konzert dabei zu sein.
Friedemann Schulz, ein Drummer aus gemeinsamen Produktionen, trommelte zusammen mit dem eigentlichen Engerling-Drummer Hannes Schulze. Spektakulär stimmen die beiden sich ab, ehe sie gemeinsam ihre Schlagzeuge bearbeiten, das Publikum johlt.
Lutz Kerschowski und Hans-Eckhard Wenzel kommen auf die Bühne, sie spielen  einen neuen Titel „Alles Krise“, bissig, ironisch, einfach klasse.Dass Kerschowski, der  seit 1990 als Gitarrist für Rio Reiser spielte,  seit 1996  dessen künstlerischen Nachlass betreut, soll hier nicht unerwähnt bleiben.
Micha Linke von "Monokel" durfte natürlich nicht fehlen, auch er gratulierte mit einem Soloauftritt und verlangte seiner Gitarre alles ab.
Basti Baur von „Knorkator“, Steffi Breiting und Tobias „Tobi“ Hillig, die Bühne füllt sich, streckenweise sind es sechs Gitarristen, die ihre Klampfen bearbeiten.
Als dann auch noch Frank Diez die Bühne betritt, ist die Stimmung im Saal am Kochen. Diez, der für Peter Maffay und Udo Lindenberg spielte, mit Little Richard und Inga Rumpf Songs aufnahm, ist ein Ausnahmemusiker. Der Moderator des Abends, Olaf Leitner, (Ex-RIAS-Treffpunkt), erzählte die Story, wie Frank Diez ein Tape nach Jahren wieder in die Hand nahm, welches Aufnahmen von ihm mit Jimmi Hendrix enthielt. Dieses Tape, eine Kostbarkeit, zerbröselte unter seinen Händen und war nicht wieder herzustellen. Diez rockte zusammen mit den anderen Musikern, hatte seinen Soloauftritt, allen war die Spielfreude, der Spaß, anzumerken.
Überhaupt war der Abend eher von Rockmusik als von Blues geprägt, nur wenn die Engerlinge ihre alten Hits intonierten, kam der Blues auf die Bühne.
Als Wolfram Bodag die ersten Takte des legendären Muschelliedes anstimmte, hätte ich gern ein Feuerzeug angezündet. Schwermütig sang ich mit, die Gitarristen auf der Bühne hatten ihre Soloauftritte, alle Musiker des Abends kamen noch einmal zusammen, es war einfach grandios, nach mehr als drei Stunden.
Die unvermeidbare Zugabe und der Narkose Blues, die Band und ihre Fans vereint, unbeschreiblich. Ein Abend ging zu Ende, der mehr als nur ein Konzert war, es war Musik, die mich seit mehr als 25 Jahren immer wieder begleitet und begeistert. Die Engerlinge auf der Bühne, das bedeutet auch nach 35 Jahren immer noch Improvisieren, der Schluck aus der Bierflasche, die Kommunikation mit dem Publikum, eine gemeinsame Party feiern.
Fast 4 Stunden dauerte diese Party, nach 3 Zugaben war erst Schluss.
HAPPY BIRTHDAY, ENGERLING.

http://www.freitag.de/autoren/betrachter/happy-birthday-engerling


Engerling spielen auf dem Theaterschiff
Vor 35 Jahren erschien die erste Single von Engerling. „Da hilft kein Jammern“ sang die Band damals wie heute. Und deshalb gibt es sie nach 37 Jahren wohl immer noch. Am Freitag, den 2. November um 20 Uhr, gastieren die Blues-Rocker auf dem Theaterschiff. Erstaunlich, dass dieser Song zu DDR-Zeiten überhaupt öffentlich werden durfte; denn schließlich folgte auf die Zeile „Da hilft kein Jammern“: „Da hilft nur fortzugehn“, was natürlich wie eine Aufforderung (miss)-verstanden werden konnte, in den Westen abzuhauen. Da hatten die Zensoren offensichtlich ihren großzügigen Tag. Andererseits musste aus dem Text ein fast unmerklicher Seitenhieb auf den Vorzeigeschauspieler Dean Reed entfernt werden, der aus den USA in die DDR übergesiedelt war. Schon im Tonstudio monierte der Produzent von Amiga diese leise Kritik an das propagandistische Aushängeschild, und so wurde aus Dean Reed eben Belmondo.
Gert Leiser, der die Band seit 34 Jahren als Organisationsleiter begleitet, erzählt, dass die Engerlinge ohne Knick über die Wende kamen. „Weil sie keine ferngesteuerte Band war. Gruppen wie ,Wir’ hatten zehn Konzerte mit 500 Besuchern im Jahr und überlebten, weil sie vom Komitee für Unterhaltungskunst bezahlt wurden. Für uns gab es keine Zuschüsse. Wir mussten uns unsere Klubs und Kneipen alleine suchen.“ Und diese Orte gibt es zum Großteil heute noch. „Der kleine Kneiper in Sachsen hat nur das Preisschild geändert, während Klubhäuser schließen mussten.“ In großen Städten wie Berlin oder Leipzig sollten Bluesbands ohnehin nicht auftreten, diese trampende Fangemeinde in ihren grünen Kutten, den Parkas, und den „Jesuslatschen“ war von Staats wegen in Massen nicht gern gesehen. Also gings am Wochenende meist aufs Dorf. Kurz bevor die letzte Bahn fuhr, mussten Frontmann Wolfram Bodag und seine Mannen Mundharmonika und Gitarre in die Ecke legen, dass alle wieder nach Hause kamen.
In den Westen haben es Engerling bis heute nicht richtig geschafft. Ein bis zwei Konzerte im Jahr, mehr nicht. Und das vor vielleicht 50 Zuschauern, räumt Leiser ein. „Es gibt ein derartiges Überangebot an Musik“, so der Manager. „Zum Glück finde ich trotzdem immer wieder Auftrittsorte: Wenn die Band ein gutes Konzert abliefert, ist es die beste Werbung fürs nächste Jahr.“ Doch nichts sei mehr ein Selbstläufer. Auch für Potsdam hat er bereits 80 Plakate bestellt, um in der Stadt gut sichtbar zu sein.
Irgendwie passten sie in all den Jahren nirgends so recht ins Konzept und haben es doch geschafft, sich selbst und ihrem Publikum treu zu bleiben. Den DDR-Kulturfunktionären schien die Band um Pianist und Songwriter Wolfram Bodag als Blues-Band zu weit weg vom Idealbild des liedhaften Rock „als eigenständigen DDR-Beitrag zur internationalen Musikkultur“, wie es damals hieß. Blues-Puristen dagegen kritisierten mangelnde Authentizität einer Bluesband, die sich um die Einhaltung des originalen Zwölf-Takt-Schemas wenig scherte und statt dessen Blueselemente nach Belieben mit Rock- und Soulelementen vermengte oder sich gar in lange Improvisationen verstieg. Beharrlich feilt die Ost-Formation an ihrem eigenen Stil mit intelligenten Texten im Grenzbereich zwischen Deutschrock und eben doch Blues.
Ihre musikalische Qualität hat auch die in Detroit lebende Rocklegende Mitch Ryder erkannt. Jährlich geht er mit Engerling in Europa auf Tour. „Dadurch ist unser Wirkungskreis größer geworden“, so Leiser. Für den Sänger und und Songwriter ist Engerling eine reine Begleitband. „Wolfram Bodag ist froh, wenn er mal nicht der Frontmann sein muss und sich auf Keyboard und Mundharmonika konzentrieren kann“, sagt Gert Leiser. Auf dem Theaterschiff darf man sich aber wieder auf seine raue, warme Stimme freuen. Heidi Jäger


Es gibt ein paar Bands, die begleiten einen durch das halbe Leben. Wie lange gibt es Engerling schon?
Wolfram Bodag: Seit 1975.
Wer ist denn von der Urbesetzung noch dabei?
Bodag: Heiner Witte an der Gitarre und ich, Wolfram Bodag, Klavier und Gesang. Das war ja damals ein Kommen und Gehen. Der Trommler ist zum Beispiel in den Westen gegangen. Der Bassist hat dann auch einen Ausreiseantrag gestellt. Dann ist einer zu Karat gegangen, weil ich mir die Finger gebrochen hatte und wir deswegen mal aufhören mussten.
Und wer bildet die aktuelle Besetzung?
Bodag: Neben Heiner Witte und mir spielen Hannes Schulze – mein Sohn – am Schlagzeug und Manfred Pokrandt am Bass.
In der „Melodie und Rhythmus“ vom Oktober 1979 lese ich, dass Sie bei der Armee angefangen haben, Musik zu machen. Bei anderen Musikern war dagegen nach der Einberufung die künstlerische Karriere unterbrochen.
Bodag: Es gab da eine Tanzkapelle, in die ich eingestiegen bin. Wir haben jedes Wochenende in Storkow gespielt. Da haben wir richtig Geld verdient.
Und später kamen dann die Konzerte. Können Sie sich noch an das erste erinnern?
Bodag: Und ob, das war 1975 in Blankenfelde. Ich glaube in einem ehemaligen Kino. Unser damaliger Chef, Herbert Junck, stammte aus Mahlow. Wir hatten unser Konzert gespielt. Als wir fertig waren, haben die Leute gerufen „Zugabe, Zugabe“. Aber wir hatten nur die Titel für die anderthalb Stunden, die wir schon gespielt hatten. Da haben wir das ganze Konzert eben wiederholt.
Wer kommt heute zu Ihnen in die Konzerte. Man sieht ja nicht mehr so viele Leute mit grünen Parkas rumlaufen wie vor 35 Jahren.
Bodag: Das sind schon Ältere heutzutage. Aber zum Teil bringen sie auch ihre Kinder mit. Die Älteren sind durchaus die, die früher mit Parka rumliefen. Aus einigen ist ja doch was geworden, sind nicht alle in der Gosse gelandet. (lacht) Einige sind richtig zu Geld gekommen. Wir werden oft zu runden Geburtstagen eingeladen, zum 50. oder 60. Und dann gibt’s auch Leute, die haben sich bei Engerling kennengelernt und engagieren uns zu ihrem Hochzeitstag. Die bezahlen richtig und dann spielen wir da.
Kann man als deutsche Bluesband mit eigenen Sachen noch in irgendwelche Charts kommen wie Engerling damals mit „Mama Wilson“ oder können Musiker wie Sie nur von den alten Hits leben?
Bodag: Charts? Nein, das glaube ich nicht. Also: Wenn wir 20 Jahre jünger wären und besser aussehen würden, es ein bisschen moderner klingen lassen würden – dann würde es vielleicht wieder gehen. Manchmal gibt es ja ein Bluesrevival.
Haben Sie es noch versucht, mit ganz neuen Kompositionen?
Bodag: Die letzte Studioplatte ist schon ein Weilchen her. Das waren aber keine ausgesprochenen Bluesnummern. Es ging etwas rockiger zu, auch Balladen waren dabei. Jetzt machen wir gerade wieder ein paar neue Lieder. Und dann sind wir ja noch die Begleitband von Mitch Ryder. Der macht ja ständig Platten.
Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit mit Mitch Ryder? Ist der Rockmusiker aus den USA auf Sie zugekommen oder Sie auf ihn?
Bodag: Das ging über den Europa-Manager von Mitch Ryder. Der stammte aus Hamburg. Und unser Manager, der Gert Leiser – unser Direktor, sagen wir immer –, der hat den 1988 kennengelernt. Da war Mitch Ryder im Palast der Republik. Dieser Manager hatte einen Klub in Hamburg. Im Herbst 1989 haben wir dort gespielt und der Manager ist aus allen Wolken gefallen, wie gut Engerling Mitch-Ryder-Lieder gecovert hat. Mitch hatte in Amerika immer eine eigene Band. Die konnte, als sie 1992 nach Europa kam, nur die Titel des US-Repertoires spielen, also die klassischen 60er-Jahre-Rock’n’Roll-Nummmern von Mitch und nicht das europäische Material. Es gab Ärger mit der Plattenfirma, der Agentur und Veranstaltern. So hat man sich dann gesagt: Warum sollen wir Amerikaner einfliegen, wenn es in Berlin eine Band gibt, die das besser kann? Und so ging es 1994 los. Wir haben vier Studio- und drei Live-CDs produziert.
Und das geht so weiter?
Bodag: Ja, so lange Mitch lebt. Er ist ja nun schon Ende 60. Nächstes Jahr feiern wir 20 Jahre Engerling und Mitch Ryder.
In Teltow spielt außer Engerling auch die Pass Over Blues Band. Spielen Sie nacheinander oder miteinander.
Bodag: Nacheinander. Aber wenn die technischen Voraussetzungen es zulassen, machen wir auch gern eine Nummer zusammen, eine Session.
Ihr Manager hat mir gesagt, kann sein, dass ich Boddie telefonisch schwer erreichen werde, weil er auf dem Fahrrad sitzt. Sie wollten mal Radrennfahrer statt Musiker werden. Stimmt das?
Bodag: Ich bin schon Radrennen gefahren, im Alter von 14 bis 18 Jahren. Dann kam die Musik und es wurde schwieriger. Wenn man Sonnabendabend bis früh um zwei unterwegs ist, kann man nicht am Sonntag um zehn Radrennen fahren. Das habe ich nicht geschafft. Aber auf dem Rad kamen mir immer gute musikalische Ideen. Ich habe im Rhythmus irgendwelche Melodien gepfiffen und auch gesungen. Wenn ich etwas gut fand, habe ich angehalten und Noten notiert.
Radfahren fördert also die Kreativität.
Hinweis: Ja klar, ich hab’ am Lenker eine Tasche mit einer durchsichtigen Folie, in die man normalerweise eine Landkarte steckt. Da kann man auch ein Textheft reinschieben und Texte auswendig lernen beim Fahren, wenn die Strecke langweilig ist.
Wir haben jetzt noch Platz für ungefähr fünf Zeilen. Was müssen wir den Leuten noch mitteilen?
Bodag: Wir hoffen, dass nach Beelitz und Teltow viele Leute kommen. Wir kommen auf jeden Fall mit viel Spaß.



Engerling

Irgendwie passten sie in all den Jahren nirgends so recht ins Konzept und haben es doch geschafft sich selbst und ihrem Publikum treu zu bleiben. Den DDR- Kulturfunktionären schien die Band um Pianist und Songwriter Wolfram Bodag als Blues- Band zu weit weg vom Idealbild des liedhaften Rock „als eigenständigen DDR- Beitrag zur internationalen Musikkultur", als dass man sie wirklich hätte groß raus kommen lassen.
Blues- Puristen dagegen kritisierten mangelnde Authentizität einer Bluesband, die sich um die Einhaltung des originalen Zwölf- Takt- Schemas wenig scherte und statt dessen Blueselemente nach Belieben mit Rock- und Soulelementen vermengte oder sich gar in lange Improvisationen verstieg, die viel eher ins psychedelische Flower- Power- Lager gepasst hätten.
Seit 38 Jahren feilt die Ost- Formation beharrlich an ihrem eigenen Stil mit intelligenten Texten, im Grenzbereich zwischen Deutschrock und eben doch Blues und hat sich damit ein treues, aber ganz und gar nicht "ostalgisches" Publikum geschaffen.




Die Band hat den Blues

Engerling wird 30 und feiert in der Kulturbrauerei
Salonorchester Engerling – so nannten sich einst sechs junge Musiker und wurden prompt von einem feinen Hotel im Wintersportort Oberwiesenthal gebucht. „Wir waren absolut fehl am Platz“, sagt Bandmitglied Wolfram „Boddi“ Bodag und grinst. Schließlich hatte die Band Blues-Stücke von Willie Dixon und Muddy Waters im Gepäck. Alsbald wurde der erste Teil des Namens weggelassen.
30 Jahre alt wird die Bandlegende aus dem Osten Deutschlands und feiert das heute im Kesselhaus der Kulturbrauerei. Dazu werden auch ehemalige Bandmitglieder erwartet, und moderiert wird der Abend von Rockpalast-Mann Alan Bangs.
Wolfram Bodag erinnert sich, wie alles anfing: „Heiner Witte, unseren Gitarristen seit der ersten Stunde, habe ich an der Humboldt-Universität kennen gelernt.

Nur: Er hatte sein Kulturwissenschaft-Studium zu Ende gebracht – ich nicht.“ Mit der Band „Pardon“ hatte Bodag damals schon Bühnenerfahrung, doch die DDR-Oberen belegten das Projekt mit Auftrittsverbot. „An den Texten kann es damals nicht gelegen haben; wir hatten ja noch keine eigenen. Aber denen passten wohl unsere Fans nicht, die uns hinterherreisten“, vermutet Bodag heute. 1975 begann die Zeit mit Engerling. Den Namen erklärt Bodag so: „Engerlinge sind unscheinbare Tiere, aus denen erst mal was Schönes werden will – so sahen wir uns.“ Von Anfang an wurde Blues gespielt, was die Fans dieser Musikrichtung mit Begeisterung aufnahmen. Die Anhängerschar wuchs stetig, was mit der Zeit die besondere Aufmerksamkeit von Polizei und Staatssicherheit nach sich zog: Junge Leute, die sich fern des organisierten Jugendlebens bewegten, erregten Unbehagen bei den Machthabern. Ähnlich ging es den Bands, die die Blues-Kultur verbreiteten.
Spielte die Engerling-Truppe anfangs nur Stücke nach, kamen bald verstärkt auch eigene Kompositionen und Texte dazu. 1977 wurde das erste Lied auf einer Platte veröffentlicht, damals noch auf einem Sampler. Ein Werk aus den 70ern, bis heute im Programm: „Da hilft kein Jammern“, heißt das Stück, das es auch als Single gab. „Was einem nicht passt, das muss man ändern“, sagt Wolfram Bodag. Bis heute sind acht Longplayer erschienen.
Die Wende in der DDR haben Engerling unbeschadet überstanden – entgegen den Erfahrungen anderer Bands. Wolfram Bodag konnte sich obendrein noch einen Wunsch erfüllen: „Ich bin ein großer Liebhaber der Musik von Mitch Ryder, habe ihn noch zu DDR-Zeiten in Berlin erlebt – heute sind wir seit zwölf Jahren seine feste Begleitband bei seinen Europatouren.“ Im Herbst 1989 durfte Bodags Band erstmals im Westen spielen. In Hamburg hörte ein Mitarbeiter Ryders, wie Engerling mit Titeln des Rockmusikers auftraten. Der Kontakt wurde geknüpft, und seither gehen Engerling und Ryder auf Tour. Drei CDs sind aus der Zusammenarbeit entstanden. „Im Oktober gehen wir wieder zusammen ins Studio für die nächste Produktion, die zur Tournee 2006 veröffentlicht wird“, verrät Bodag. Ideen für eine eigene Platte gibt es auch – ganz wie beim echten Engerling könnte ja was Schönes daraus werden.



Zur Blues-Nacht im Teltower Stubenrauchsaal werden zwei der profiliertesten deutschen Blues-Rock-Bands erwartet: "Engerling" und "Pass over Blues".

Seit 38 Jahren feilen „Engerling" beharrlich an ihrem eigenen Stil mit intelligenten Texten im Grenzbereich zwischen Deutschrock und Blues und haben sich damit ein treues Publikum geschaffen. „Rock'n'Blues" mit Geschichte und dem Blick nach vorn. Neben dem Erfolg in Deutschland tritt die Band seit Jahren mit der Rocklegende Mitch Ryder auf seinen Europatourneen auf und hat mit ihm zahlreiche CDs und DVDs aufgenommen. Besetzung: Wolfram Bodag ( ld, key, voc, harm),  Heiner Witte (git), Manne Pokrandt (bg), Hannes Schulze (dr). www.engerling.de

„Pass Over Blues“ sind vier Musiker, die den tiefschwarzen Blues lieben und leben: ruhig, schreiend, stöhnend, treibend, ehrlich, archaisch. Sie unternehmen einen Streifzug durch 80 Jahre Bluesgeschichte. Das Quartett vereinigt in der aktuellen Besetzung den Gitarristen Roland Beeg (ehem. „Handarbeit“), den Sänger & Bluesharpspieler Harro Hübner (ehem. „Keimzeit“), den Bassisten Lutz Mohri & den Schlagwerker Michiel Demeyere. Bereits 1997 nannte das Magazin „Blues News" sie eine der „stärksten Formationen der traditionellen Bluesstile“ und fügte hinzu: „wer noch immer der Meinung ist, in Deutschland gäbe es keine wirklich guten Bluessänger, der sollte sich unbedingt Harro Hübner anhören“.
Wann: 07.06.2013 / 20 Uhr

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